Wieder zu Hause werden erstmal die Bilder und Videos ausgepackt. Man mag sich kaum von den schönen Eindrücken trennen, die einen noch tagelang verfolgen können und immer wieder in Erinnerung gerufen werden, wenn sich das Bilderarchiv zufällig oder nicht, vor Augen aufbaut. Wer schonmal in Annecy war, gar über den See oder an den steilen Felswänden entlang geflogen ist weiß, wovon ich rede. An Farbfülle kaum zu überbieten, gepaart mit der französischen Gastfreundschaft, dem guten Essen und den vielen Eindrücken, die das Gebiet bietet.
Dieser Urlaub wurde gepaart mit der Teilnahme meiner besseren Hälfte an dem dort ausgetragenen Paragliding World Cup (PWC) – was das alles noch aufregender machte. Die Nervosität der Wettkampfpiloten war infiziös und irgendwie fiebert man selbst auch mit wenn diverse Strategien diskutiert und analysiert werden. Und zugegebenermaßen fragt sich der etwas fortgeschrittene Pilot auch, ob dieser oder jener Task ebenso für einen selber machbar wären. Wohingegen die Aufregung nach Start wieder nachlies, denn danach lies es sich genüsslich mit meinem neuen 1-2er ein paar herrliche Stunden und Strecken machen.
Das Gebiet rund um den Lac d´Annecy (See von Annecy)
Das schöne an der Landschaft dort ist, dass sie sowohl für den unerfahrenen bis zum erfahrenen Gleitschirmpiloten ein großes Repertoir für unvergessliche Flüge bietet. Zwei Start- und Landeplätze befinden sich in unmittelbarer Umgebung: Einen am Col de La Forclaz, 1150 Meter mit dem Landeplatz in Doussard und der andere in Planfait auf 1215 Meter mit dem Landeplatz an der Flugschule in Talloires. Einen unbezahlbaren Tipp wurde übrigens allen Wettkampfpiloten in die Hand gedrückt, denen es jedoch weniger nutzten als mir, dem etwas weniger versierten Flieger: Eine Karte mit allen Talwinden und Hausbärten, speziell für Freiflieger rund um den See von Annecy.
Über den PWC ansich möchte ich hier nicht allzuviel berichten, da es schon etliche detaillierte Reports dazu im Netz gibt, die uns täglich mit den neuesten Gegebenheiten des Wettkampfs informiert haben haben, wie z.B. auf der offiziellen Seite des Paragliding World Cups mit Videos und Bildern toll dokumentiert oder natürlich auf der DHV-Seite. Dies alles ist sehr offiziell und daher schreibe ich lieber über andere Dinge, die so nicht auf den Seiten stehen.
Ein Pilotenschicksal
Da ist zum Beispiel ein Wettkampfpilot mit einer sehr traurigen Kranken-Geschichte. Er leidet seit geraumer Zeit an Multiple Sklerose (MS), einer chronisch-entzündliche Entmarkungserkrankung des zentralen Nervensystems. Diese Krankheit ist nicht heilbar und zerfrisst mit der Zeit seine gesamte Muskulatur. Die Ärzte sagen, er solle sich schonen um sein Leben zu verlängern. N. nimmt trotz der Warnung an den Wettkämpfen teil zum Trotz seiner zusehens schlimmer werdenden Krankheit. Wie viel muss einem das Fliegen bedeuten, wenn selbst der Tod vor Augen einem davon nicht abbringen kann? Das erstaunliche an der Sache ist ebenso, dass N. in den vorderen 20 Plätzen mitfliegt – meine Hochachtung davor!
Auf der anderen Seite sind ebenso Stimmen laut geworden, die sagen, dass sie sich während des Fluges lieber nicht in seiner Nähe aufhalten. Denn die Nervenentzündung betrifft natürlich auch seine Arme und wenn da mal eine Klatsche kommt könnte es womöglich sein, dass er diese nicht mehr halten und so andere Piloten gefährden könnte. Ist dies am Ende doch egoistisch von ihm? Ist wohl eine sehr schwierige Frage, wobei mir dennoch diese Entschlossenheit, sein Leben nach Qualität und nicht nach Quantität zu leben, sehr beeindruckt.
Unfälle ja, Verletzungen nein
Wenn man wie ich so oft auf Wettbewerben (als Zuschauer) dabei ist, kommt man leider nicht drum herum auch mal Dinge zu hören oder sehen, die gerade die Wettbewerbsszene regelmäßig begleitet. Ähnlich war es auch hier, wobei auch einige Freiflieger ihre romantische Adern gegenüber Bäumen entdeckten. Gleich zwei (unnötige) Abstürze habe ich persönlich aus der Luft gesichtet und wo ich mich ernsthaft frage, was diese Personen dazu brachte a) viel zu nah an den Bäumen entlang zu fliegen und b) durchs Lee zu gondeln. Auch gewisse Spielereien mit der Kamera führten zu Baumbegegnungen, teils auch im steilen Gelände, aber glücklicherweise ohne Folgen. Hurra 🙂 Was ich von den Wettkampfpiloten mitbekam, so sind wohl drei ungeplant und in nicht geeignetem Gelände runter gekommen. Alle drei sind aber wohl auf und haben am jeweils darauffolgenden Tag wieder am Wettbewerb teilnehmen können.
Live on the Job: Erfolgreicher Test des neuesten Rückmeldesystems für Wettkampfpiloten
Wie ich bereits am 17. Juni kurz gebloggt hatte, wurde auf dem PWC ein neues System zur Rückmeldung der Wettkampfpiloten getestet. Der Einsatz war ein voller Erfolg und wurde auch mit viel Lob überhäuft. Live on the job heißt auch, dass es durchaus auch zu Unfällen kam, wo der Hubschrauber eingesetzt werden musste. Wer es selbst einmal auf einem Wettbewerb mitbekommen hat, wie lang der Heli manchmal braucht, bis er zu Unfallstelle kommt, der kann verstehen, dass dieses System ein wahrer Segen ist. Nicht selten benötigt ein Rettungshubschrauber ein bis zwei Stunden um einen verunfallten Piloten zu bergen – und das kann bei einer lebensbedrohlichen Situation viel zu lang sein! Das FAST Retrive System hat es bei den Baumlandungen ermöglicht, dass der Helicopter binnen 30 Minuten und schneller an der Unfallstelle war. Zeit, die lebensrettend ist!
DHV Budget-Kürzung: Kein Geld mehr für Fotos und Berichterstattung auf deren Website
Wettkampfberichte und die dazugehörigen Bilder wurden bisher meist von den teilnehmenden Piloten geschrieben und eingeschickt. Das auch nicht ganz ohne Gegenleitung, immerhin hat der DHV auch ein paar Euro an die Autoren und Fotografen überwiesen. Während des PWCs kam dann die Meldung, dass ein derartiges Budget jetzt komplett gestrichen sei. Kein Geld mehr für stundenlanges Bilderaussuchen, Artikel schreiben und hoffen, dass die Internetverbindung gut genug ist um alles pünktlich an den DHV zu schicken, der es dann online stellt. Wundert es dann wen, wenn sich die Piloten vor den Kopf gestoßen fühlen? Eigentlich nicht. Zumal an anderer Stelle das Geld für diverse Urlaube und Ausrüstungen wieder ausgegeben wird. Ist ja keine Frage, gefördert werden muss und soll auch – vielleicht tut es daher gut, dass diese Pilotengruppe künftig diese Tradition weiter führt. Wettbewerbe, die dann keine gesponserten Teilnehmer haben, müssten dann mit einer reinen Ergebnisliste auskommen, was sehr schade wäre. Denn gerade die persönlichen Artikel lässt einen ein bisschen am Event teilhaben. Das man sich aber auch immer über das liebe Geld zanken muss…
Kleines Dankeschön von mir
Dann möchte ich mich ganz persönlich noch bei den Teilnehmern und Organisatoren dafür bedanken, dass es trotz meiner Nicht-Teilnahme am Wettbewerb möglich war, jeden Tag im Bus an den Startplatz zu fahren, an den Feierlichkeiten teil zu nehmen und auch am Morgen einen Kaffee und mal ein Pilotenfrühstück zu bekommen. Ich wünschte, ich konnte dies ein bisschen wieder als Startplatzhelfer gut machen und vielleicht auch einmal, als ich plötzlich in einem wahnsinns Bart steckte und einige von Euch das mit nutzen konnten :). Vielen Dank dafür!